Spiderman 2

Spider-Man 2

Zwei Jahre sind vergangen, seit dem schüchternen Schüler Peter Parker (Tobey Maguire) durch den Biss einer genmanipulierten Spinne übermenschliche Kräfte erwuchsen. Zwei Jahre, in denen er nach dem Mord an seinem Onkel diese Kräfte als Spider-Man dem Kampf gegen das Verbrechen widmete. Jetzt führt Peter Parker ein kompliziertes Doppelleben zwischen Heldendasein und einfachem Studenten, der einen Job nach dem anderen verliert, seine Miete nicht zahlen kann und sich immer noch in Sehnsucht nach seiner grossen Liebe Mary Jane Watson (Kirsten Dunst) verzehrt. Immer tiefer gerät Peter in eine schwere Identitätskrise.

In dem erfolgreichen Kernphysiker Dr. Otto Octavius (Alfred Molina) lernt Peter ein Musterbeispiel dafür kennen, wie auch er Wissenschaft und Liebe unter einen Hut bringen könnte. Aber schon ist sein Alter Ego Spider-Man wieder gefragt: Bei einem Kernfusionsexperiment kommt es zu einem verheerenden Unglück, bei dem Octavius mit seinen Spezialwerkzeugen – vier intelligenten mechanischen Tentakelarmen – verschmolzen wird. So wird aus dem brillianten Wissenschaftler der unberechenbare und unaufhaltsame "Dr. Octopus", der New York zu terrorisieren beginnt.

Dabei hat Peter Parker eigentlich genug andere Sorgen. Mary Jane will nicht länger auf ihren zögerlichen Verehrer warten und bändelt mit dem berühmten Astronauten John Jameson an. Peters Freundschaft zum jungen Industriellen Harry Osborn (James Franco) wird immer noch belastet durch Harrys Hass auf Spider-Man, dem er wegen des Todes seines Vaters Norman (der Green Goblin aus dem ersten Film) Rache geschworen hat. Auch Peters Tante May (Rosemary Harris) stehen die Schulden bis zum Hals. Zu allem Überfluss leiden sogar Peters Spinnenkräfte unter dem gebündelten Stress – was zu manch schmerzhaftem Absturz führt. Schließlich fasst Peter einen schwerwiegenden Entschluss: Das Heldenkostüm landet – buchstäblich – auf dem Müll. Nie mehr Spider-Man!

Die Erleichterung währt jedoch nur kurz, denn Peter kann seinem Verantwortungsgefühl nicht entrinnen. Auch Dr. Octopus kommt wieder ins Spiel, denn um an die notwendigen Rohstoffe für seine Fusionsexperimente zu gelangen, geht Octopus einen faustischen Pakt mit Harry Osborn ein. Der Preis: Spider-Mans Kopf...

Der erste "Spider-Man" war einer der erfolgreichsten Filme des Jahres 2002 und kam sowohl bei den hartgesottenen Comic-Fans als auch dem "normalen" Publikum und den Kritikern ausgezeichnet an. Entsprechend hoch waren die Erwartungen an eine Fortsetzung. Regisseur Sam Raimi und sein Team haben sich jedoch keine Schwächen erlaubt. Die 200-Millionen-Dollar-Produktion wartet neben atemberaubenden Spezialeffekten mit hochkarätigen Schauspielern, einer vielschichtigen, warmherzigen Geschichte und einer gehörigen Portion (selbst-)ironischem Humor auf. Herrlich z.B., wenn Spider-Man den Aufzug nehmen muss, um vom Wolkenkratzer wieder herunter zu kommen... Bittersüss die unbeholfenen Versuche Peters, seiner grossen Liebe Mary Jane eben diese zu gestehen. Hier führt der Film die Vorgaben des ersten Teils konsequent weiter, wie z.B. das Motto (das von Peters ermordetem Onkel Ben stammt), dass aus grosser Macht auch grosse Verantwortung folgt, dem Peter sich als Spider-Man verpflichtet fühlt. Wie kann jemand zwei Leben gleichzeitig führen, eines als umjubelter Superheld und eines als durchschnittlich-sympathischer Loser-Typ? Wie gerne würde er Mary Jane die Wahrheit offenbaren, wagt es jedoch nicht aus Angst, dadurch ihr Leben zu gefährden? In diesen eher stillen Momenten offenbart "Spider-Man 2" eine seiner grossen Stärken, eine intelligente und dramatische, zum Teil beinahe tragikomische Geschichte, die von erstklassigen Schauspielern getragen wird, darunter Idealbesetzungen wie Alfred Molina als charmant-brillianter Wissenschaftler Octavius und skrupelloser Bösewicht "Doc Ock" oder J.K. Simmons als cholerischer Chefredakteur JJ Jameson (noch besser als im ersten Teil).
Die zweite grosse Stärke des Filmes sind ohne Zweifel die perfekt inszenierten, atemberaubenden Action-Sequenzen, die wesentlich realistischer als noch im ersten Film wirken. Wenn Spider-Man in den Strassenschluchten Manhattans umherschwingt oder sich halsbrecherische Kämpfe mit dem ebenso kletterfähigen Dr. Octopus liefert – darunter ein Duell auf einem führerlosen U-Bahn-Zug – gerät der Zuschauer in eine Achterbahnfahrt. Eine Erfahrung, die beinahe süchtig macht. Einer weiteren Fortsetzung steht damit wohl nichts mehr im Weg – zumal es mehr als genug Andeutungen über mögliche zukünftige Entwicklungen gibt – und einen üppigen Geschichten- und Figurenfundus aus über 40 Jahren "Spider-Man"-Comics.

Gewiss wird es Zuschauer geben, die sich auf die phantastische Idee eines kostümierten Mannes mit Spinnenkräften nicht einlassen wollen oder können. Für alle anderen (wohl die Mehrzahl) bietet "Spider-Man 2" eine rundum gelungene, perfekt inszenierte und mitreissende Comic-Verfilmung über den menschlichsten aller Superhelden.

"Spider-Man 2", USA 2004, Regie: Sam Raimi, ca. 127 Min.

http://www.spider-man2.de

Autor: O.G.