Christian Berkel

Interview mit dem Schauspieler Christian Berkel

Christian Berkel wurde 1957 in Berlin geboren. Bereits mit 14 Jahren zog er nach Paris, wo er neben der Schule Schauspielunterricht bei Jean-Louis Barrault und Pierre Bertin nahm. Ingmar Bergmann war es, der ihn als 19jährigen für seinen Film „Schlangenei“ entdeckte. Von 1977 bis 1993 war Berkel an u.a. Theater und Schauspielhäusern in Augsburg, Düsseldorf, Bochum, München und Berlin engagiert.

Theater (eine Auswahl)

Städtische Bühnen Augsburg
Düsseldorfer Schauspielhaus
Burgtheater Wien
Schillertheater Berlin
Renaissance Theater Berlin

Film und Fernsehen (eine Auswahl)

Das Schlangenei
Der Bastard
Dienstvergehen
Tod auf Amrun
Das Experiment
Bella Block – Das Gegenteil von Liebe
Lautlos
Männer wie wir
Der Verführer

Preise

1998 – Goldener Gong für „Tatort – Schwarzer Advent“
2004 – Bambi, Kategorie Film National, für „Der Untergang“


Der Film „Hexenküsse“ in dem Sie an der Seite von Julia Stemberger spielen, verarbeitet ein in Deutschland eher seltenes Thema, nämlich Magie und Spiritualität. Was haben Sie im ersten Augenblick gedacht, als Ihnen die Rolle des Herbert Zauner gerade in dieser Art von Buch angeboten wurde?

Das erste war der Reiz an ein Genre heranzugehen, das in der Form, meines Wissens nach, in Deutschland noch nicht gemacht worden ist. Es war aber auch die Lust an der Komödie, an einer komischen Rolle, dieser Art von verzwickter Komödie.

Herbert ist ein Paniker, der ist ja völlig durchgedreht. Ich finde, das ist ein ganz reizvoller Aspekt von Komödie. Es gibt ja, sagen wir mal, den Liebevoll-Verschusselten oder es gibt Komödien, die mehr über einen Dialogwitz laufen. Hier läuft es ganz stark über Situationskomik, über etwas, was eigentlich tragisch ist, daß jemandem alles wegbricht und gar nichts mehr klappt.

Ich glaube immer, daß Komödie nur eine Frage des Blickwinkels ist oder die Komödie, die ich mag. D.h. also, die Grundlage ist eigentlich wie bei einem Drama oder wie bei einer Tragödie, es kann die gleiche Geschichte sein, sie wird nur anders erzählt, in einer anderen Art draufzugucken.

Was hat Sie speziell an diesem Drehbuch gereizt die Rolle anzunehmen?

Ich möchte nicht in einem Film nach dem anderen immer wieder die gleiche Rolle spielen. Einmal, weil ich selber gerne immer wieder neue Erfahrungen mache und weil ich glaube, daß es für den Zuschauer schöner ist, mich nicht immer in der gleichen Art von Rolle zu sehen. Insofern ist es eine Mischung, die eigene Lust immer wieder etwas neues zu entdecken und auch das Bedürfnis dem Zuschauer immer wieder etwas neues zu präsentieren.

Wie stehen Sie persönlich zu dieser Thematik? Magie, Spiritualität?

Mal so, mal so, würde ich sagen. Wenn man mir etwas von Magie und Hellsehen erzählen würde, würde man bei mir auf Skepsis stoßen. Trotzdem habe ich ein paar Sachen erlebt, wo ich dachte, das hätte ich jetzt nicht geglaubt.

Neulich bin ich zum Beispiel einer Schamanin begegnet, die hat mir Sachen erzählt, nicht einmal die Zukunft betreffend. Es ging um Dinge, die überprüfbar waren und die sie nicht wissen konnte, beispielsweise aus meiner Familie. Das waren keine Sachen, die in einer Zeitung gestanden haben und wir hatten auch keine gemeinsamen Bekannte. Ich dachte, das kann doch gar nicht wahr sein, woher weiß die das. Es gibt da offenbar schon Sachen, diese oder auch solche aus dem alltäglichen Leben, die jeder kennt. Das Telefon klingt und ich sage, das ist bestimmt der und der, dieses Erlebnis hat doch bestimmt jeder schon mal gehabt und zwar mit einer relativ hohen Trefferquote.

Wie finden Sie die Umsetzung des Themas Magie im Film?

Das ist das, was mir an dem Film besonders gefällt. Es ist eine gewisse Leichtigkeit, eine gewisse Selbstironie und trotzdem noch so ein bißchen ein Zauber. Da wird jetzt kein riesiges Faß aufgemacht, Hollywood ins Wohnzimmer geholt, sondern es wird mit leichteren Mitteln gearbeitet, eher auf eine charmante Weise, mit etwas, das dem Medium gerecht wird. Es geht doch mehr um diese stille Alltagsmagie, das Zaubern und Verzaubern und den Zauber verlieren, auch innerhalb der Beziehung.

Von einem Tag auf den anderen gerät das Leben des Herbert Zauner völlig durcheinander und das, wo er gerade beste Karrierechancen hat. Was ist es für ein Gefühl, wenn plötzlich alles anders läuft als geplant?

Ich finde der Film hat hier etwas augenzwinkerndes. Wenn jemand auf Biegen oder Brechen etwas erreichen will, sei es Karriere oder etwas anderes, das geht fast immer schief. Man verliert dann den Gegenstand völlig aus den Augen. So ergeht es auch Herbert. Der hat nur noch seine Karriere im Kopf und deswegen entfernt er sich immer mehr von sich selbst und je mehr er das tut desto mehr zappelt er wie eine Fliege im Spinnennetz. Er macht einfach alles falsch.

Was würden Sie denken, wenn Sie im wirklichen Leben eine solche Ehefrau hätten?

(lacht) Also, wenn ich das wüßte, daß sie zaubern kann… Was ich da denken würde? Wenn die auf einmal andauernd zaubern könnte, das fände ich insofern unheimlich, als daß ich gar nicht wollen würde, daß man das Leben beeinflussen, auf Knopfdruck irgend etwas herstellen kann. Ich wollte auch nichts über die Zukunft wissen – das Aufregende am Leben ist doch, daß ich nicht weiß, was morgen kommt. Natürlich hat jeder Mensch ein gewisses Bedürfnis nach Sicherheit, aber wenn das so ausgeprägt ist, daß ich meine ganze Zukunft vorherwissen will, dann ist das doch schon eine tiefe Lebensangst. Also, das wünsche ich mir gar nicht.

Was ist besser spielbar/besser darstellbar, diese komisch/chaotische Rolle oder eine ernste?

Grundsätzlich kann man wahrscheinlich sagen, für den einen Schauspieler ist das, für den anderen das andere einfacher. Ich bewege mich eigentlich ganz gerne in beiden Bereichen. Das macht mir großen Spaß und ich freue mich, wenn ich so eine Möglichkeit habe, auch die komödiantische Seite zu befriedigen. Es kann sehr schwer sein Leute zum Lachen zu bringen, weil sie sehr viel eher, glaube ich, bereit sind, sich ergreifen zu lassen.

Was bevorzugen Sie?

Ich bevorzuge im Grunde genommen die Abwechslung, würde mich da nicht festlegen wollen, mache gerne das eine und das andere. Wobei ich völlig respektiere, wenn jemand sagt, das ist nicht mein Ding oder das kann ich nicht so gut.

Wie bereiten Sie sich allgemein auf eine Rolle vor?

Das ist ganz unterschiedlich, hängt extrem von Projekt und Rolle ab. Da gibt es sicherlich einen großen Unterschied zwischen Drama und Komödie. Zusätzlich ist es die Frage, ob es ein historischer Stoff ist. Beim „Untergang“ z.B., da ist es logisch, daß man sich, abgesehen von allem, was man sowieso über die Zeit weiß und was jeder von sich aus mitbringt, noch einmal besonders mit so einer Zeit auseinandersetzt oder auch mit den Figuren, die ja alles existierende Figuren waren. Da hat man eine andere Verantwortung, was die Recherche anbelangt, da kann man nicht irgendwelche Behauptungen aufstellen, die nicht stimmen.

Bei einem Drama, das nicht historisch ist, also heutig, kommt es häufig vor, daß man sich in Berufe hineinbegeben muß, die man nicht kennt und sich dann entsprechend mit Leuten treffen muß, die einem solchen Beruf nachgehen. Zur Zeit mache ich gerade einen Zweiteiler „Fred und Ted“, da geht es um Psychotherapie. Da habe ich mich natürlich mehrfach mit jemandem getroffen, der die Art von Psychotherapie, wie ich sie im Film mache, durchführt, um zu sehen und nicht nur zu lesen.

Und zum Schluß: Was dürfen wir von Ihnen in nächster Zeit erwarten?

Im Moment drehe ich „Fred und Ted“, das ist die Geschichte von drei Psychotherapeuten, einem klassischen (gespielt von Friedrich von Thun), einer Psychiaterin und Neurologin (gespielt von meiner Frau Andrea Sawatzki) und einem moderneren Therapeuten, den ich selbst spiele. Dabei geht es darum, daß soviel sie auch über Beziehungen und psychische Probleme wissen, was man dagegen machen muß, so scheitern sie an ihrem eigenen Leben, an den selben Problemen, an denen ihre Patienten auch scheitern. Da hilft ihnen das Wissen auch nur begrenzt.

Besten Dank für dieses Interview!

Mai 2005

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Christian Berkel - privat

Früherer Beruf?

Ich bin immer schon Schauspieler gewesen.

Wenn Sie auf eine einsame Insel gehen würden und drei Dinge mitnehmen dürften. Welche?

Meine Frau und meine zwei Söhne. Dann wäre ich auch nicht mehr so einsam.

Sie haben drei Wünsche frei. Welche?

Der erste Wunsch wäre, daß es meiner Familie immer gut geht. Der zweite Wunsch wäre, daß ich weiter so schöne Angebote bekomme, daß es weiter so gut läuft in der Arbeit, mit guten Regisseuren, guten Drehbüchern und guten Rollen. Und der dritte - … als ich jung war, hatte ich so konkrete Vorstellung, was ich will. Mittlerweile, vielleicht weil man auch schon ein paar Dinge hat, finde ich das Aufregende immer zu schauen, was kommt denn jetzt als nächstes und mache mir oftmals gar kein konkretes Bild, was ich als nächstes möchte.

Wenn Sie eine Entscheidung in Ihrem Leben rückgängig machen könnten. Welche wäre das?

Ich würde nichts rückgängig machen wollen, wobei ich nicht sagen möchte, daß alle meine Entscheidungen gut und richtig waren. Aber die Frage hat sich mir nie gestellt, denn ich hadere nicht mit den Entscheidungen, die ich getroffen habe, auch nicht mit denen, die grundfalsch finde. Das waren meine Entscheidungen und zu dem Zeitpunkt, wo ich sie getroffen habe, war mein Leben so und das akzeptiere ich so. Das war in Ordnung und das waren sicherlich nicht die letzten falschen Entscheidungen, die getroffen habe.

Wie lautet Ihr Lebensmotto?

Mein Lebensmotto: Nichts ist wahr ohne sein Gegenteil. Oder ein anderes wäre: Das Geheimnis der Langeweile besteht darin alles zu sagen.

Wie stellen Sie sich Ihren Lebensabend vor?

Eine Mischung aus Arbeit und Kontemplation. Mit anderen Worten – ich würde eigentlich gerne bis zum Schluß immer wieder auch arbeiten, gleichzeitig aber auch einen Raum haben, wo man sich auch durchaus in die betrachtende Position begibt, eine Mischung aus drinnen und draußen.

Wo möchten Sie gerne leben?

Ich lebe gerne in Berlin, früher habe ich auch einmal gerne in Frankreich gelebt. Ich möchte da leben, wo meine Familie ist. Was mir immer mehr fehlen würde, wären Menschen als Landschaften oder Städte. Ich kann mich in jeder Großstadt wohlfühlen, glaube ich, für ein Dauerleben auf dem Land wäre ich wahrscheinlich weniger geschaffen. Ich bin eher ein städtischer Mensch.

Was würden Sie noch gerne erlernen?

Ich würde gerne ein Musikinstrument spielen. Ich habe mehrere Gelegenheiten gehabt und immer wieder aufgehört. Das hat vielleicht damit zu tun, daß es mir relativ schwer fällt eine Sache solala zu machen, da bin ich wahrscheinlich nicht ganz der Typ dazu. Ich will das dann auch wirklich gut können und das scheint, zumindest mit Musikinstrumenten, nicht mein Lebensweg zu sein.

Mit welcher bekannten Persönlichkeit möchten Sie gerne tauschen?

Mit keiner. Ich möchte mit keinem Menschen tauschen wollen.

Ihre Lieblingsfarbe?

Stimmungsabhängig, aber ich würde schon sagen rot.

Ihre Lieblingsblume?

Die Rose.

Was war Ihr Lieblingsfach in der Schule?


Literatur.

Welches Fach haben Sie am meisten gehaßt?

Ich glaube am meisten gehaßt habe ich Physik oder Chemie. Die Naturwissenschaften waren leider, heute muß ich sagen leider, nicht meine Stärke. Ich habe erst spät durch einen Lehrer, den ich sehr mochte, entdeckt, wie spannend Mathematik sein kann, aber da war ich schon ein bißchen weit hinten. Das ist ein Fach, wenn man da ein paar Jahre nicht aufpaßt, dann hat man es meistens verpaßt. Aber damit hatte ich so meine Schwierigkeiten. Und Latein mochte ich auch nicht.

Was treibt Sie zur Verzweiflung?

Ungenauigkeit und wenn Menschen das was sie tun, nicht wirklich mit vollem Einsatz tun.

Worüber können Sie sich besonders freuen?


Wenn ich sehe, daß jemand für seine Sache lebt, für seine Sache kämpft. Da geht es nicht darum, ob es besser oder schlechter ist, sondern darum, ob er im Rahmen seiner Möglichkeiten das beste daraus macht.

In welchem Jahrhundert würden Sie am liebsten leben und warum?


Ich finde die Zeit, in der wir leben, unglaublich spannend. Ich hätte auch das 18. Jahrhundert sehr aufregend gefunden, aber auch die Renaissance, das war auch eine spannende Zeit.

Was möchten Sie Ihren Zuschauern mit auf den Weg geben?

Seid offen für neue Geschichten und interessiert Euch für Menschen und die Geschichten von Menschen.

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